Jedem, der das Glück hatte, Grigory Sokolov im Konzert zu erleben, wird die Besonderheit dieses grossen Pianisten in Erinnerung sein. Wie er die Bühne betritt: ohne einen Blick zur Seite, auf den Flügel zueilend. Wie er, nach einer knappen Verbeugung, den tosenden Auftrittsapplaus kaum abwartend, auf dem Klavierhocker Platz nimmt , um nur endlich beginnen zu können. Wie er sich von der Welt draussen verabschiedet, eintauchend in die seine, in die Welt der Musik.
Das Wesen der Werke
Die Deutsche Grammophon über Grigory Sokolovs neustes Live Album:
Seit Jahrzehnten eilt ihm der Ruf des Ausserordentlichen, des Tastenmagiers voraus. Und es ist nicht nur sein Spiel, das diese Magie verströmt. Es ist zugleich das atemberaubende Erlebnis, Zeuge zu werden, wie Sokolov das Wesen der Werke erspürt, wie sie ihn an Anspruch nehmen, ihn verlangen, wie er sie schliesslich freigibt, mit enormer Intensität und immer mit diesem Ausdruck von Demut vor dem Gedankenkosmos ihrer Schöpfer.
Nur der Moment zählt
Grigory Sokolov, der am 18. April 2020 seinen 70. Geburtstag feierte, liess mit seiner neuen Veröffentlichung lange auf sich warten. Ohnehin nicht an Studioaufnahmen interessiert – nur der gegenwärtige Moment zählt, in dem seine Musik entsteht und verklingt – lässt er zu, dass seine Konzerte mitgeschnitten werden, deren Repertoire, akribisch vorbereitet, er immer neu zusammenstellt. Aus den jährlich etwa 10 bis 15 mitgeschnittenen Recitals wählt er Stück für Stück jene aus, welche es letztlich auf den Tonträger schaffen. So auch bei dem nun endlich vorliegenden Doppelalbum mit einer Auswahl von Liveaufnahmen aus drei Recitals, die er im Sommer 2019 gab, in denen er Beethoven und Brahms seine Aufwartung machte.
Sokolov unterscheidet bei den Sälen nicht nach gross oder klein, sondern danach, ob sie seine Musik vermitteln, sie tragen. Es ist geradezu aufregend, neben dem Erleben der verschieden, innig vorgetragenen Stücke auch die akustischen Eigenheiten der drei Säle und der verschiedenen Instrumente verfolgen zu können.
Zugaben – Die Krönung der Konzerte
Das neue Album von Grigory Sokolov enthält, sicher sehr zu Freude alle seiner Anhänger, auch den Live-Mitschnitt eines Konzerts auf DVD, das der Pianist am 31. Mai 2017 in Turin spielte. Auf dem Programm dieses Konzertes stand etwa die Klaviersonate Nr. 13 in C-Dur, KV 545, die verspielte so genannte “Sonate facila”. Am 26. Juni 1788 trug Mozart sie in sein “verzeichnüss aller meiner Werke” mit der Bemerkung ein: “eine kleine klavier Sonate für anfänger”.
Der programmatische Bogen dieser Veröffentlichung wird auch dadurch erkennbar, dass Sokolov sich für die beiden späteren Klaviersonaten Beethovens entschied, die No. 27, op. 90 und schließlich die letzte, die Erzherzog Rudolph gewidmete Klaviersonate No. 32 op. 111.
Fast schon rituell ist das Procedere der Zugaben, mit denen Sokolov seine Konzerte bekrönt. Meist sind es ihrer sechs oder sieben, die in inhaltlicher Beziehung zu den Hauptwerken des Abends stehen. Auch ihre Auswahl für diese Veröffentlichung folgt einem genauen musikalischen Kalkül.
Quelle: Deutsche Grammphon
Selbstverständlich darf neben dem Konzertgenuss auch unser legendäres Praliné nicht fehlen.